© Franz-Joachim Schäfer

Zwischen Praxis und Vision: dynamische und adaptive Fluchtweglenkung

Fluchtwegschilder in Tunneln verdeutlichen das Problem: Sie nennen die Entfernungen zum sicheren Bereich. Doch die Weglänge als Kriterium kann irreführend sein. «Flüchtende sollten auf dem sichersten Weg den Gefahrenbereich verlassen», erläutert Franz-Joachim Schäfer, «und das ist nicht notwendigerweise der kürzeste.» Mit seinen 50 Jahren Feuerwehrerfahrung blickt Schäfer auf die neue DIN 14036 zur dynamischen und adaptiven Fluchtweglenkung. Sein Resümee: Die dynamische Fluchtweglenkung ist bereits Praxis – Feuerwehren sollten sich darauf einstellen. Die weitere Entwicklung der adaptiven Fluchtweglenkung gilt es zu beobachten.

Dynamische Fluchtweglenkung kann sich einmalig anpassen


Eine dynamische Fluchtweglenkung kann sich bei einem Ereignis einmalig an die Gefahrenlage anpassen. Hierbei sind zwei Optionen möglich:

  • Der Richtungspfeil des Fluchtwegpiktogramms wird ersetzt, so dass eine andere Fluchtrichtung angezeigt wird.
  • Das Fluchtwegpiktogramm wird durchgestrichen oder durch eine gekreuzte Linie ersetzt, so dass dieser Weg als gesperrt gekennzeichnet ist.

In unterirdischen Verkehrsanlagen bereits im Einsatz

Franz-Joachim Schäfer nennt verschiedene Einsatzmöglichkeiten der dynamischen Fluchtweglenkung: Sie kann u.a. als Kompensationsmassnahme genutzt werden, wenn ein Fluchtweg zum Beispiel aufgrund von Renovierungsarbeiten zeitweise nicht benutzbar ist oder um einen alternativen Fluchtweg anzuzeigen, etwa wenn bei einem Brand in einem historischen Gebäude, bei dem die hölzerne Haupttreppe als Fluchtweg ausscheidet. In einem Tunnel wäre eine typische Anwendung, dass nur eine Fluchtrichtung angezeigt wird. Systeme zur dynamischen Fluchtweglenkung sind laut Schäfer bereits in U-Bahnstationen, Tunneln und Parkhäusern im Einsatz.

Adaptive Fluchtweglenkung kann sich mehrfach anpassen


Das Prinzip der adaptivem Fluchtweglenkung sieht vor, dass mehrere Anpassungen der Fluchtwegkennzeichnung an das Ereignis in einer zeitlichen Abfolge möglich sind. Dazu muss das System auf den Gefahrenverlauf reagieren und beispielsweise erkennen, wie sich der Rauch ausbreitet, ob sich Menschen auf der Flucht stauen oder Hindernisse einen Weg versperren. Sie ist richtungsvariabel und passt sich permanent dynamisch an.

Bisher bewertet Franz-Joachim Schäfer die adaptive Fluchtweglenkung durch den komplexen Eingriff in das System noch nicht als serienreif und kostenintensiv. Er empfiehlt Feuerwehren, die Entwicklung zu beobachten. Dies gelte insbesondere im Zusammenspiel mit Künstlicher Intelligenz.

Schutzziele und Szenarien definieren


Damit eine nicht statische Fluchtweglenkung sinnvoll eingesetzt werden kann, müssen laut Schäfer zuerst die Schutzziele definiert und daraus die jeweiligen Szenarien entwickelt werden. Es soll dabei erreicht werden, dass der Fluchtweg sicher, eindeutig und sichtbar ist. Ausserdem empfiehlt Schäfer, dass die Nutzung einer dynamischen und später ggf. einer adaptiven Fluchtweglenkung auf den Flucht- und Rettungsplänen, in den Feuerwehreinsatzplänen sowie an der Brandmeldeanlage eines Gebäudes vermerkt werden sollte.

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