Feuerwehrangehörige mit Augenbinde üben blindes Vertrauen und Kommunikation in schwierigen Situationen

Thüringer Feuerwehrschule nutzt Erlebnispädagogik in der Tunnelausbildung

Die Vorbereitungs- und Praxiskurse «Brandbekämpfung in Strassen- und Schienentunneln» an der Thüringer Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule (TLFKS) stellen hohe Anforderungen an die Teilnehmenden. Um für die Vermittlung der umfangreichen Lerninhalte die Motivation und Aufmerksamkeit zu fördern, setzt das Ausbildungsteam auf erlebnispädagogische Elemente.

Herausforderungen der Tunnelausbildung


Die Qualifizierung der Multiplikatoren zur Tunnelausbildung am Standort umfasst zwei zentrale Elemente: einen viertägigen Vorbereitungskurs an der Thüringer Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule (TLFKS) in Bad Köstritz (D) und einen einwöchigen Praxiskurs auf den Übungstunnelanlagen an der International Fire Academy in Balsthal. Zentrales Ziel ist die Vermittlung des Einsatzkonzeptes für Strassen- und Bahntunnel. Das Konzept soll den Teilnehmern nachhaltig und handlungsleitend in Erinnerung bleiben. Ausserdem sollen sie dazu befähigt werden, ihre Feuerwehren an deren Standorten auf derartige Einsätze vorzubereiten.

Die Ausbildungspraxis ist insbesondere mit folgenden Herausforderungen verbunden:

  • heterogene Lehrgangsgruppen,
  • Teilnehmende, die in ihren Berufen meist körperlich tätig sind und lange Schulungseinheiten inklusive Stillsitzen nicht gewohnt sind,
  • die erforderliche steile Lernkurve aufgrund der kompakten Kursformate und
  • die Gefahr, dass Ausbildungen lediglich als Belastung empfunden werden.

Daher entwickelte das Ausbildungsteam an der TLFKS – Patrick Wagner, Kai Pfützner, Marc Stielow und Anja Rödiger-Erdmann – für die Kurse ein inhaltlich, methodisch und didaktisch aufeinander abgestimmtes Konzept.

Aktivierungsübungen fördern Lernen, Kommunikation und Teambildung

Der erste Kurstag beginnt mit einem «Paarinterview» zur thematischen Einstimmung und als Katalysator für eine gute Kommunikation unter den Teilnehmenden. Neben den Erwartungen an die Ausbildung wird nach einer individuellen Stärke gefragt, um den Fokus auf bereits vorhandene Ressourcen zu lenken. Die Interviewpartner stellen sich gegenseitig vor und sollen durch das Sprechen vor der Gruppe dazu ermutigt werden, sich aktiv in den Kurs einzubringen. Bei einer Challenge am zweiten Tag müssen die Teilnehmenden einen Langzeitpressluftatmer zusammenbauen, auf einen Turm laufen und den Parcours einer Atemschutzübungsanlage bewältigen sowie im Team einen Suchstock auf den Zeigefingern balancieren und koordiniert ablegen. Zwölf solcher Übungen aus dem Repertoire der TLFKS, die sich im Kurs bewährt haben, werden in einer Broschüre zur erlebnispädagogischen Konzeption der Vorbereitungs- und Praxiskurse «Brandbekämpfung in Straßen- und Schienentunneln» vorgestellt.

Alle Kurstage sind als Wechsel von Aktivierungsübungen und der inhaltlichen Vermittlung des Einsatzkonzeptes inklusive der erforderlichen Fähigkeiten konzipiert. Die erlebnispädagogisch inspirierten Übungen sprechen den Verstand, die Emotionen, die Motorik und die Sensorik gleichermassen an. Dabei kommen immer wieder Materialien und Geräte zum Einsatz, die bei einem Tunnelereignis benötigt werden. So muss beispielsweise eine Rollpalette beladen werden, und ein Memory zeigt einsatzrelevante Details, die jeweils erläutert werden sollen.

Durch die Übungen können Vorwissen und Erfahrungen aktiviert, das Aneignen von Wissen und Fähigkeiten gestärkt sowie die kommunikative Verständigung gefördert werden. Wichtig ist den Ausbildern der Zusammenhalt, der in den Kursgruppen entsteht. Dies spiegelt sich auch im Titel der genannten Broschüre und dem Motto «Im Team sind wir stark!».

Anforderungen an Ausbilder und Nutzen des Konzepts

Das Ausbildungsteam sehen die Verantwortlichen an der TLFKS als wesentlich für die effektive Umsetzung eines solchen Kurskonzepts an. «Wir können die Begeisterung bei den Teilnehmenden nur dann wecken, wenn wir selbst dafür brennen», fasst Anja Rödiger-Erdmann ihre Erfahrungen zusammen. Daher sei es wichtig, dass die anleitenden Personen den Nutzen einer erlebnispädagogischen Vermittlung von Wissen und Werten erkennen. Verbindet sich dies mit einem grossen Vertrauen in die Methoden und die Menschen, so wirke sich dies sehr positiv auf die Teilnehmenden und das Ergebnis der Ausbildung aus.

Die Feedbackrunden nach den Ausbildungen bestärken das Ausbildungsteam in ihrem Engagement. Die Teilnehmenden loben die Struktur und die Durchführung der Lehrgänge und bestätigen, dass sie die Aktivierungsübungen für den eigenen Standort übernehmen und anpassen können. Der gute Zusammenhalt in der Gruppe wird besonders erwähnt, und die Kurse werden trotz des langen, anspruchsvollen Tagesprogramms als kurzweilig bewertet.